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Zeitmanagement à la Konfuzius

Während in Europa am heutigen 31. Januar viele Neujahrsvorsätze bereits sprichwörtlicher Schnee von gestern sind, begrüßen Chinesen weltweit erst heute das neue Jahr mit dem traditionellen Frühlingsfest. Und vielleicht nehmen sich einige die 2500 Jahre alten Weisheiten ihres großen Gelehrten Konfuzius als Neujahrsvorsatz zu Herzen. Deutschlands bekanntester Zeitmanagement-Experte, Lothar Seiwert, widmet Konfuzius’ Lehren sein neuestes Buch: eine Mischung aus Ratgeber und Fabel, in welcher der kleine Glücksdrache Youkong («Zeit haben») von seinem Meister Konfuzius in die Kunst des sorgsamen Umgangs mit der Zeit eingeweiht wird.

Das Buch startet mit einem Selbst-Test, der Aufschluss über die momentane Zeit- und Lebensqualität gibt und an dem das Selbstcoachingprogramm und die Übungen im Buch ansetzen. Seiwert hat fünf zentrale Lektionen für den Leser parat:

Fokussieren: Sich klar darüber werden, was einem im Leben wirklich wichtig ist und Unwichtiges ausblenden lernen.

Reduzieren: Entrümpeln, Vereinfachen, Entschlacken. «Simplify Your Life» ist mittlerweile kein Schlagwort mehr, sondern für viele eine Lebenseinstellung geworden.

Entschleunigen: Auf ruhigere Zeiten zu warten, ist hoffnungslos; Ruhe und Mußestunden müssen bewusst geplant werden. Seiwert zeigt, wie gestresste Zeitgenossen wieder zur Ruhe finden.

Balancieren: Seinen eigenen Rhythmus finden und ein Leben im Gleichgewicht führen, schützt gegen Burnout und Depressionen.

Selbstbestimmen: Am leichtesten tun sich Menschen, die nur wenig Fremdbestimmung in ihrem Leben ertragen müssen. Deshalb sind Unternehmer und Selbstständige auch weniger burnoutgefährdet, obwohl sie in der Regel deutlich längere Arbeitszeiten verzeichnen.

Diese Erkenntnis wird ebenfalls bereits Konfuzius zugeschrieben, der gesagt haben soll: «Such dir eine Arbeit, die du gerne tust. Dann brauchst Du keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.»

Illustration: Julien Tromeur/Fotolia.com

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Kinostart von «Der Wolf der Wall Street»

Offizieller Kinostart von Martin Scorseses «The Wolf of Wall Street» mit Leonardo DiCaprio in der Rolle des Jordan Belfort. Mit 16 verkaufte Belfort Eis, mit 26 Ramschaktien und verdiente Millionen, mit 36 saß er im Gefängnis.

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Schlagzeilen machte Belfort in den 1990er Jahren aber nicht nur wegen der dubiosen Aktiendeals seiner Firma Stratton Oakmont, sondern vor allem wegen seines ausschweifenden Lebensstils und den Exzessen seiner Meute von Strattoniten. Von Millionendeals, Drogen und Sex handelt deshalb auch der Großteil der über 600 Seiten der gleichnamigen Autobiografie Belforts, die zeitgleich mit dem Film bei Goldmann als Taschenbuch erschienen ist.

Teil 2 der «Belfort-Saga» umfasst übrigens weitere 600 Seiten und trägt den Titel Die Jagd auf den Wolf der Wall Street.

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Lesen macht dumm!

Unsere Wissensgesellschaft macht die Menschen nicht klüger, sondern dümmer, befindet der renommierte deutsche Hirnforscher Ernst Pöppel in seinem neuen Buch.

Gemeinsam mit Beatrice Wagner geht Pöppel auf 350 Seiten der Frage nach, warum Menschen «heute die einfachsten Dinge nicht mehr wissen». Dabei provoziert er mit Aussagen wie: «Lesen macht dumm». Wenn ein Hirnforscher und Vielleser wie Pöppel das schreibt, lohnt es sich genauer nachzulesen. Pöppel erläutert, dass das Lesen keine natürliche Fähigkeit unseres Gehirns sei.

Im Gegenteil: «Das Lesen ist eine künstliche Fähigkeit, keine von der Natur vorgesehene Eigenschaft». Um Lesen zu lernen, müssen Menschen nicht einfach üben, wie kleine Kinder das Gehen, sondern ihr Gehirn regelrecht dazu zwingen und dafür Gehirnbereiche zweckentfremden, die die Natur eigentlich für andere Aufgaben vorgesehen hat.

Der Grund, weshalb Kinder die Welt bunter und intensiver wahrnehmen als Erwachsene, habe weniger mit dem Älterwerden zu tun, als mit dem Lesenlernen. «Menschen, die ohne Lesenlernen aufwachsen, haben eine intensivere Wahrnehmung der Welt als Menschen, die ihre Zeit über Bücher gebeugt in Zimmern verbringen», sagt Pöppel. Wer einmal lesen gelernt habe, büße die Fähigkeit ein, mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu gehen.

«Natürlich sind Menschen, die nicht lesen können, in unserer Gesellschaft benachteiligt», ist sich auch Pöppel bewusst. Verbunden mit der ständig steigenden indirekten Wahrnehmung unserer Welt durch Fernseher, Computer, Navigationssysteme, virtuelle Netzwerke etc. schränke der moderne Mensch aber zunehmend seine Hirnkapazitäten ein.

Den Blick für diese noch wenig erforschten neurologischen Zusammenhänge zu schärfen und eine Lanze für Alternativstrategien zu unserer Wissens- und Leistungsgesellschaft zu brechen, ist ein Anliegen dieses «Plädoyers für die Intelligenz der Langsamkeit, der Pausen und des Unperfekten».

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Nachruf auf einen visionären Hundesohn – Al Neuharth tot

Zeitungslegende Al Neuharth verstarb am Freitag, 19. April 2013, im Alter von 89 Jahren in seinem Haus in Cocoa Beach, Florida.

Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen im ländlichen Mittelwesten der USA stieg Neuharth, dessen erster Job im Einsammeln von Kuhfladen bestand, zum Multimillionär und ersten großen Zeitungstycoon auf, der nicht Eigentümer seines Verlages war. Mit USA TODAY schuf er 1982 die erste große nationale Tageszeitung der USA und machte aus dem Provinz-Verlag Gannett einen weltbekannten Mediengiganten.

In seiner 1989, dem Jahr seiner Pensionierung, erschienenen Autobiografie «Confessions of an S.O.B.» (dt.: «S.O.B. Erfolgsgeheimnisse eines Hundesohnes») erzählt Neuharth nicht nur von diesem geschäftlichen Abenteuer, dessen Erfolg die meisten für unmöglich gehalten hatten, sondern gewährt auch offenherzig Einblick in sein Privatleben, seinen Führungsstil und seine Prinzipien.

Gleich im Vorwort erklärt er, warum er sich selber (und nicht nur seine beiden Ex-Ehefrauen und viele andere Menschen) als Hundesohn bezeichnet: «Für mich ist ein Hundesohn jemand, der sich aller möglichen Taktiken bedient, um eine Sache hinzukriegen – und bis ganz oben hinaufzukommen. So nett wie möglich. Mit einem bisschen Ekelhaftigkeit, wenn nötig.» Neuharth war der Ansicht, die Welt brauche alle Arten von Hundesöhnen, um zu funktionieren.

In seinem lesenswerten Buch spricht Al Neuharth «Klartext» (so auch der Titel seiner wöchentlichen Kolumne, die er bis zuletzt auf einer alten Royal-Schreibmaschine aus dem Jahr 1926 für USA TODAY tippte) und lässt den Leser an Fehlschlägen, Erfolgen und Erkenntnissen seines Lebens sowie unzähligen Anekdoten teilhaben.

In einer dieser Anekdoten erzählt Neuharth, schlug der ehemalige Herausgeber John Quinn vor, den Stil einer Zeitung zu definieren, indem man sich ansähe, wie sie die ultimativ letzte Geschichte – das Ende der Welt – auf der Titelseite bringen würde. Seine Vorhersage lautete:
New York Times: «Welt endet. Dritte-Welt-Länder am härtesten betroffen.»
Washington Post: «Welt endet. Weißes Haus ignorierte Frühwarnungen, sagen ungenannte Quellen.»
USA TODAY: «Wir sind tot! Staat für Staat starb, Seite 8A. Allerletzte Sportergebnisse, Seite 10C.»

Den Ruhestand, den Al Neuharth immerhin 24 Jahre lang genießen konnte, hatte er übrigens frühzeitig in seinen Lebensplan eingebaut. Hier der Zeitplan, den er in S.O.B. empfiehlt:

  • Bis zwanzig spiele, soviel du kannst.
  • Bis dreißig wage alles, was du wagen kannst.
  • Bis vierzig lerne alles, was du lernen kannst.
  • Bis fünfzig verdiene alles, was du verdienen kannst.
  • Bis sechzig führe alles, was du führen kannst.
  • Bis siebzig verlasse alles, so stilvoll du kannst.
  • Danach oder im Jenseits erfreue dich an allem, woran du dich erfreuen kannst.

Über das, was nach siebzig kommt, schwieg er sich in seinem Buch noch aus. Ihm jedenfalls bescherten diese Jahre eine neue Familie. 1993, im Alter von 68, heiratete er noch einmal und adoptierte in den folgenden Jahren sechs Kinder.

Während seines langen Lebens und auch jetzt an seinem Ende bekam er jede Menge der beiden «Gärstoffe der Tatsachen des Lebens», wie er es in seiner Biografie nannte: «eine Menge Applaus und natürlich ein paar Tränen.»

Foto: USA TODAY

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Den Schatz des Lebens heben

Wenn wir uns klar machen, dass das Leben ein Tauschgeschäft ist, wird uns auch bewusst, dass wir jede Sekunde nur ein einziges Mal tauschen können. Leider «tauschen viele Menschen gotterbärmlich schlecht», ist sich der mehrfache Bestsellerautor und erfolgreiche Unternehmer Hermann Scherer sicher. Im Gegensatz zur herrschenden Meinung, dass das Leben kein Wunschkonzert sei, ist Scherer überzeugt davon, dass wir geboren wurden, um das Leben zu feiern anstatt uns kleinzumachen und an die gängige Norm anzupassen.

In seinem neuesten Buch, das mehr ein Lesebuch, denn ein Ratgeber ist, erläutert Hermann Scherer an vielen – vor allem selbst erlebten – Beispielen, was er konkret darunter versteht: beispielsweise in eine große, fremde Stadt zu fliegen und sich das Geld für das Rückflugticket zu erbetteln. «Wenn die Peinlichkeitsphase erst überwunden ist, werden Sie an sich selbst völlig neue Seiten entdeckt und sich auch als Mensch neu definiert haben», befindet Scherer wie einer, der den Selbstversuch offensichtlich unternommen hat.

Vielleicht bleiben Sie auch gleich dort, in der großen, fremden Stadt wie Robert Burck, der durchgeknallte Cowboy, der seit einem Jahrzehnt täglich auf dem New Yorker Times Square auftritt – nur mit Cowboystiefeln, Hut und Unterhose bekleidet. Mit einem monatlichen Einkommen von über 20 000 Dollar ist es Burck mittlerweile ziemlich egal, was andere von ihm halten.


Robert Burck, The Naked Cowboy, spielt bei jedem Wind und Wetter nur mit Cowboystiefeln, Hut und Unterhose bekleidet auf dem New Yorker Times Square – Foto: Ryan McGinnis

Scherer spürt in seinem Neulingswerk der Frage nach, warum Menschen wie Robert Burck ihre Einzigartigkeit leben, während andere wie in einem Wartesaal die Zeit bis zum Leben nach dem Tod abzusitzen scheinen. Scherer ermuntert dazu, sich an die Träume seiner Jugend zu erinnern und die ureigene Lebendigkeit wieder zu entdecken: «Es gibt keine Garantie auf ein Happy End. Denn Glück ist eine Überwindungsprämie. Gehen Sie den Weg einfach weiter. Haben Sie keine Angst!»

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… und mittags geh‘ ich heim

Strenge Hierarchien, eine Führungskraft, die alle Entscheidungen trifft, Abteilungen und Meetings? Das alles braucht man als Unternehmen nicht, ist Detlef Lohmann überzeugt. Wenn Sie als Führungskraft Strukturen schaffen, in denen Ihre Mitarbeiter Verantwortung übernehmen dürfen, dann haben Sie endlich Zeit für das, was Führung eigentlich sein sollte. Lohmanns Buch «… und mittags geh‘ ich heim» (Linde Verlag) wurde auf der Frankfurter Buchmesse zum Managementbuch des Jahres 2012 gekürt. Er erzählt darin von seinen Erfahrungen als Führungskraft und wie er in seinem Unternehmen die klassische Organisationspyramide ordentlich auf den Kopf gestellt hat – praxisnah, sympathisch und sehr ehrlich.

business bestseller: In Ihrem Unternehmen setzen Sie auf flache Hierarchien bzw. eine umgekehrte Pyramide, auf der ganz oben der Kunde und ganz unten die Führungskraft steht. Eine solche Struktur impliziert, dass die Führungskraft viel Verantwortung abgibt. Wie schwer fiel es Ihnen, sich davon zu lösen und auf die Mitarbeiter zu vertrauen?

Detlef Lohmann: Das war auch für mich ein riesiger Schritt. Der tatsächliche Durchbruch war bei mir vor vier Jahren, mit der großen Krise 2008. Anfang 2009 hatten wir Umsatzeinbrüche von bis zu 50 Prozent. Da war mit klar, wenn wir profitabel bleiben wollen, dann müssen wir alle einen Beitrag leisten. Ich habe alle variablen Anteile aufgegeben, die ich zuvor als Manövriermasse hatte, und sie den Mitarbeitern als Festgehalt gegeben, wohlwissend, dass ich einige Wochen später ein Bitte an meine Leute haben werde: Ich habe mit dem Mitarbeitern gesprochen und sie gebeten, auf freiwilliger Basis auf ein Monatsgehalt zu verzichten.
Und zu erfahren, dass die Mitarbeiter in einer geheimen Abstimmung mit über 90 Prozent diesem freiwilligen Einbehalt zustimmten, das war für mich ein echter Vertrauensbeweis. Dieses Vertrauen, dass ich dabei an die Mitarbeiter geschenkt hatte, haben sie auch mir geschenkt und so sind wir gemeinsam aus der Krise gekommen – das war für mich der Schlüsselmoment.
Zusätzlich war zu beobachten, dass die Mitarbeiter wahnsinnig auf das Kostensparen eingestellt waren und enorm kostenorientiert arbeiteten. Das war eine neue Erfahrung für mich, hat letztendlich großartig funktioniert und mich überzeugt, dass ich meinen Mitarbeitern vertrauen kann.

Um seinen Mitarbeitern so viel Verantwortung zu übertragen, brauchen Sie Top-Leute. Wie gelingt Ihnen das in Zeiten von Fachkräftemangel?

Da gibt es einen dummen Spruch, aber der ist wahr: «Jeder hat die Mitarbeiter, die er verdient.» Und das stimmt tatsächlich. Wenn wir einem Menschen nichts zutrauen, wird er auch nichts leisten. Wenn wir ihm dagegen Vertrauen schenken und Macht geben, selbst etwas zu bewegen, dann werden wir erstaunt sein, was er alles erreichen kann.
Viele Menschen schalten zwei Drittel ihres Gehirns ab, wenn sie auf das Firmengelände kommen und folgen einfach stupiden Regeln, die eigentlich keinen Sinn machen. Man muss dem gesunden Menschenverstand wieder freie Bahn geben und dann können alle, auf jeder Ebene, Verantwortung übernehmen. Natürlich wird der kleine Arbeiter keine Investitionsentscheidungen treffen, aber über Dinge, die in seinem Kompetenzbereich liegen, kann er selbst am besten entscheiden – Brauche ich einen neuen Schraubenschlüssel oder nicht, brauche ich ein neues Teil oder lässt sich das alte noch reparieren?
Die Frage ist, trauen wir uns, unseren Mitarbeitern diese Freiheit zu geben. Da ich selbst grundsätzlich eher faul bin (lacht) und keine wirkliche Ahnung von den verschiedenen Bestellungen im Unternehmen hatte, habe ich einfach gesagt, das macht jeder selbst. Ich gebe ungefähr vor, was das ganze Jahr über ausgegeben werden darf und jeder Mitarbeiter trägt in eine Liste ein, wieviel davon er für Anschaffungen benötigt hat. Damit bekommen Sie eine Selbststeuerung im Unternehmen. Die Mitarbeiter sehen, ok, es ist noch Geld da oder nein, es ist nichts mehr da und überlegen dann selbst: «Brauche ich das wirklich?» Wenn Sie zu Ihrem Chef gehen und dem erklären müssen, warum Sie dies und das brauchen, kann er das oft gar nicht wirklich beurteilen und gibt es Ihnen. Wenn Sie selbst entscheiden dürfen, kann es sein, dass Sie in 50 Prozent der Fälle sagen: «Nein, so dringend brauche ich das eigentlich nicht.»

Worin besteht in einem so strukturierten Unternehmen dann noch die Aufgabe der Führungskraft?

Die Aufgabe der Führungskraft wird eine ganz andere. Während Führungskräfte früher zum größten Teil mit Sachführung beschäftigt waren, kümmert sich der Chef heute darum, dass eine gute Stimmung im Team herrscht.

Sie erzählen in Ihrem Buch auch, dass Sie jeden Morgen selbst die Post an Ihre Mitarbeiter verteilen.

Das mache ich hauptsächlich, um meinen Mitarbeitern Ansprechbarkeit zu signalisieren, meine Art den Menschen zu zeigen, jetzt bin ich bereit für irgendwelche Fragen und Probleme, über die ihr sprechen möchtet. Jetzt höre ich zu. Ich werde sie nicht für euch lösen, aber versuchen, Fragen zu stellen, die bei der Problemlösung helfen können. Die Führungskraft hat dadurch auf der einen Seite mehr Zeit, dafür zu sorgen, dass die Menschen sich im Unternehmen wohl fühlen, dass es Leitlinien gibt, dass die intrinsische Motivation – der innere Antrieb – nicht blockiert wird, und auf der anderen Seite hat die Führungskraft dafür zu sorgen, dass die Abläufe im Unternehmen immer besser und reibungsloser werden. Die Aufgabe ist es, den ganzen Prozess aus der Helikopterperspektive zu überblicken, um zu sehen, wo es stockt und nicht mehr zu sagen: «Du machst dies und du machst jenes.» Das wissen die Mitarbeiter selbst sowieso besser als der Chef.

Es besteht ein Risiko darin, sich als Führungskraft zurückzunehmen und die Mitarbeiter «machen zu lassen». Auch wenn die Linie, die das Unternehmen fährt, klar ist, kann es zu Entscheidungen kommen, die Sie als Führungskraft anders getroffen hätten. Wie gehen Sie damit um?

Die Schwierigkeit ist die, sich bewusst zurückzuhalten, wenn man das Gefühl hat, dass man selbst anders entschieden hätte und das nicht zu sagen. Nur Fragen zu stellen, warum der Mitarbeiter so gehandelt hat und es dann auch dabei zu belassen. Das ist extrem schwierig, vor allem dann, wenn ich überzeugt bin, dass eine Entscheidung wirklich nicht zielführend war. Aber es lohnt sich, diesen Prozess laufen zu lassen. Nur wenn Menschen ernst genommen und nicht ständig korrigiert werden, wird dieses System funktionieren. Es ist eine Frage der Selbstdisziplin und der Selbstreflektion. Und wenn ich festselle, da geht mir etwas gegen den Strich, lieber erst mal wegschauen und den Mitarbeiter das regeln lassen. Denn wenn Sie beim elften Mal einschreiten und sagen: «Nein, so nicht, das machen wir anders», zerstören Sie damit alles, was Sie die vorigen zehn Mal aufgebaut haben und es funktioniert nie wieder.
Es kann sein, dass einige Entscheidungen am Anfang dieses Prozesses «schlechter» ausfallen, als wenn Sie als Führungskraft mit Ihrer Erfahrung die Vorgehensweise bestimmt hätten, aber Sie werden sehen, von da an findet eine permanente Steigerung statt.

Im Buch erzählen Sie von Ihrem Besuch eines Unternehmens in Brasilien, dessen Firmengelände wie ein Hochsicherheitsgefängnis gesichert war, um sich vor Übergriffen von außen zu schützen. Ihnen wurde dort bewusst, wie extrem die Kluft zwischen Reich und Arm ist – so extrem, dass die Armen nichts mehr zu verlieren haben und die Reichen sich zur eigenen Sicherheit einzäunen müssen.
Sie sagen: «Wer als Unternehmer Gewinne maximiert, arbeitet auf Dauer für die Instabilität», verstärkt somit genau diese Schere. Wie können Sie als Unternehmer einer solchen Entwicklung entgegensteuern?

Ein Unternehmer sollte auch social responsibility für seine Leute übernehmen. Wir machen dafür zwei Dinge: Zum einen können die Mitarbeiter seit 2003 selbst Kapitalist werden, indem sie Genussscheine erwerben und damit am Gewinn direkt partizipieren. Das heißt, in der Vergangenheit haben sie dann ihren Genussschein zwischen 15 bis zu 35 Prozent Dividende in dem Jahr rentiert bekommen. Somit sind sie Kapitalisten wie ich und damit kann ich in einem gewissen Ausmaß Reichtum anders verteilen. Gleichzeitig werden in Deutschland Kapitaleinkünften geringer besteuert als die Einkünfte aus nicht-selbständiger Arbeit. Auf diesem Weg haben die Mitarbeiter bisher 450.000 Euro ins Unternehmen investiert. Das ist für mich als Unternehmer ein extrem teures Unterfangen. Während ich den Banken nur zwei bis drei Prozent zahlen müsste, bekommen die Mitarbeiter 20 bis 25 Prozent Dividende – wirtschaftlich also eigentlich ein Unsinn, aber die Rendite kommt über die emotionale Bindung zum Unternehmen und die daraus resultierende Leistungsbereitschaft zurück. Zum anderen gibt es in unserem Unternehmen seit 2008 eine Mitarbeitergewinnbeteiligung. Das heißt, ab einer gewissen Gewinnschwelle bekommen die Mitarbeiter zehn Prozent des Gewinns vor Steuern. Diese werden pro Kopf verteilt. Jeder Mitarbeiter besitzt dabei genau den gleichen Wert, ganz egal wie viel er verdient. Damit findet also auch ein Ausgleich statt. Und wenn eine weitere Schwelle überschritten wird, dann gehen 20 Prozent des Gewinns an die Mitarbeiter. Das hat dazu geführt, dass wir 2011 insgesamt 1,2 Millionen Euro an die Mitarbeiter gezahlt haben. Einfache Arbeiter, die im Jahr 26.000 oder 27.000 Euro verdient hatten, haben eine Prämie von 8.500 Euro bekommen. Das ist echte Umverteilung.

Nun haben wir noch eine neugierige Frage an Sie, Herr Lohmann. Gehen Sie tatsächlich mittags nach Hause?

Ja und nein. Mittags bin ich tatsächlich meistens zum Essen zu Hause und es kommt auch häufig vor, dass ich dann nachmittags gar nicht mehr ins Büro gehe. Vormittags bin ich vor Ort, um als Ansprechpartner verfügbar zu sein. Da die Mitarbeiter selbst entscheiden und das Unternehmen ohne meine ständige Einflussnahme läuft, habe ich nachmittags Zeit für strategische Überlegungen und Planungen – und die kann ich auch zu Hause im Garten oder an einem See machen.

Detlef Lohmann ist Inhaber und Geschäftsführer von «allsafe Jungfalk», einem Hersteller von Ladungssicherungssystemen. Das Unternehmen wurde 2012 bereits zum dritten Mal zum Top-Arbeitgeber im Mittelstand gekürt. bb-Redakteurin Christina Hackhofer sprach mit ihm auf der Frankfurter Buchmesse.

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Verdammt gute Tipps (für Leute mit Talent)

Viele nennen George Lois den «wahren Mad Man» – nach der TV-Serie, die den ehrgeizigen Werbefachmann Don Draper und die Werbeszene im New York der frühen 1960er Jahre porträtiert. Der mittlerweile 80-jährige Lois hasst diesen Vergleich. Zwar hat er vor genau 52 Jahren, in der ersten Woche des Jahres 1960, die weltweit zweite Kreativ-Agentur Papert Koenig Lois gegründet. Aber ansonsten gäbe es keinerlei Ähnlichkeiten zwischen der «nervtötenden Sendung» und der «turbulenten Achterbahnfahrt der 1960er Jahre» mit Bürgerrechtsbewegung, Frauenbewegung, Vietnamkrieg etc., befindet Lois. Und außerdem habe er mit 30 besser ausgesehen als Don Draper.

George Lois, Sohn eines griechischen Blumenhändlers aus der Bronx, ist eine Kultfigur der Werbesezene – revolutionärer Vordenker, unkonventioneller Grafik-Designer, gefeiertes Ausnahmetalent. «Superheld der Werbebranche» tituliert ihn das Wall Street Journal. Von Lois stammt das Konzept der «Big Idea», seine Titelbilder für das Magazin Esquire hängen im Museum of Modern Art, seine neun Bücher haben Generationen von Kreativen beeinflusst.

Vor kurzem ist dieses kleine Büchlein mit dem unbescheidenen Titel «Verdammt gute Tipps (für Leute mit Talent)» erschienen. In 120 kurzen, selten länger als halbseitigen Gedankensplittern und vielen farbigen Abbildungen gibt Lois nicht nur Karrieretipps für die Kreativbranche sondern erlaubt tiefsinnige Einblicke in seine Denk- und Arbeitsweise.

Auch ohne die Besessenheit des mittlerweile 80-Jährigen, der drei Stunden Schlaf pro Nacht ausreichend findet und seine Ideen auch schon mal gegenüber Klienten durchboxt, indem er sich auf den Fenstersims stellt und mit Selbstmord droht, profitiert man vom Destillat seiner jahrzehntelangen Erfahrungen in diesem Büchlein. Und es macht richtig Spaß, immer wieder darin zu schmökern.

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Mitarbeiter motivieren und Kunden begeistern

Klaus Kobjoll ist Vollblut-Unternehmer und arbeitet in seinem vielfach prämierten Hotel «Schindlerhof» ständig daran, Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen und Kunden zu begeistern. Kobjoll weiß, nur Mitarbeiter, die von ihrer Sache überzeugt sind und für ihre Arbeit brennen, können auch den Funken im Kunden entfachen. Am 29. November 2012 war er wieder einmal zu einem business bestseller Seminar in Innsbruck.

business bestseller: Herr Kobjoll, um für Menschen interessant und als Unternehmen erfolgreich zu sein, gilt es, eine starke Marke zu sein. Welche Merkmale kennzeichnen eine starke Marke?

Klaus Kobjoll: Am Anfang reicht es, zwei Grundregeln zu kennen. Regel Nummer 1: Starke Marken haben immer starre Regeln. Im Schindlerhof ist dies eine Preisgarantie seit 1984: Jeder zahlt den gleichen Preis. In anderen Hotels, ist es vielleicht eine strikte Kleiderordnung im Restaurant.
Starre Regeln haben auch Adidas zur Entscheidung geführt, nicht mehr den online-Handel zu beliefern, weil dort alle nur auf billig machen.
Die zweite Regel: Wir schließen von der Kundschaft auf die Marke. Das heißt, ich muss darauf achten, dass ich die richtige Zielgruppe anspreche, damit die richtigen Menschen diese Marke wahrnehmen und nutzen. Es ist nicht zielführend, eine eierlegende Wollmilchsau zu sein, die versucht es jedem recht zu machen.
Das nächste, was man wissen muss, ist, dass man heute eigentlich zwei starke Marken braucht. Wir brauchen die Marke so wie ich sie gerade beschrieben habe gegenüber dem Kunden – und wir brauchen eine starke Arbeitgebermarke.
Eines der größten Probleme für alle Personaler ist der Fachkräftemangel. Dieser demografische Faktor hat zur Folge, dass wir vor allem in den nächsten Jahren in eine Situation kommen, in der um jedes Talent gebuhlt wird. Und jetzt gelten die gleichen starren Regeln auch für den Aufbau einer Arbeitgebermarke.
Ich habe im Schindlerhof einen 13teiligen Einstellungsfilter, der einige Monate dauert. Jetzt könnte man sagen, ein solch langwieriges Aufnahmeverfahren in Zeiten von Fachkräftemangel ist doch idiotisch. Doch gerade da, wo es schwierig ist reinzukommen, da versuchen es die jungen Leute mit dem Gedanken: «Das will ich wissen». So paradox das im ersten Moment auch klingt.
Einer dieser 13 Filter ist immer eine mehrtägige Arbeitsprobe und da greift die zweite Regel – wir schließen von der Kundschaft auf die Marke. Die Kundschaft sind in diesem Fall die eigenen Kollegen. Wenn ein Minderleister bei uns zwei Tage arbeitet und er sieht, die sind alle hochmotiviert, dann kommt der am zweiten Tag nicht mehr. Der sagt sich: «Das ist nicht meine Welt. Ich will nach 40 Stunden in der Woche wieder zuhause sein.»
Wenn er aber selbst ein Hochleister ist und sieht: «Wow, die gehen hier zur Sache», dann schließt er von der Kundschaft auf die Marke und sagt: «Das ist ein guter Arbeitgeber, da will ich hin.» Natürlich gehört immer Mut dazu, denn ein gutes Marketing – egal ob gegenüber dem Kunden oder gegenüber dem Mitarbeiter – polarisiert. Sie können nicht «everybody’s darling» sein. Das geht nicht.

Mit welchen Konsequenzen muss man als Unternehmer rechnen, wenn man sich zu wenig oder vielleicht gar nicht mit diesem Thema beschäftigt und nicht am Unternehmen arbeitet?

Ganz einfach. Wir haben heute eine Polarisierung zwischen Marke und No-Name. Beides ist erfolgreich, eine Gucci-Jeans für 220 Euro und eine Jeans um 9,90 bei Aldi. Im Grunde genommen ist es der gleiche Denim und vielleicht sogar die gleiche Fabrik in China, aber für das Label werden 200 Euro Aufpreis gezahlt.
Jetzt muss man wieder etwas ausholen. Es ist nicht der Zweck eines Unternehmens Gewinne zu machen, es ist eine Folge des Unternehmenszwecks. Bei einer Marke sieht es anders aus. Einer der Gründe für eine starke Marke ist es, mehr Gewinn zu machen, wie man an dem Beispiel gerade gesehen hat. Der Unternehmer muss sich aufgrund dieses Trends der Polarisierung entscheiden, ob er billig sein will oder ob er exklusiv sein möchte – ob er eine Marke aufbauen will, oder lieber mit No-Name-Produkten arbeitet. Beides kann erfolgreich sein.
In der Hotellerie ist es so, dass die 4 oder 5 Sterne Hotels boomen und die Budget-Hotellerie. Aber die Hotels mittendrin, die «ned Fisch und ned Vogel» sind – ich habe immer gesagt, die «Schniposa Gastronomie» (Schnitzel, Pommes, Salat) – die fallen immer mehr aus dem Raster.
Das ist eigentlich einer der wichtigsten Gründe, warum man sich um die Zukunft kümmern und sich mit dem Thema Marke auseinandersetzten muss. Das geht nur, wenn man in die Metaebene kommt, wenn man in der Vogelperspektive arbeitet und nicht wie ein Hamster im Drehrad, mit heraushängender Zunge.

Es geht vor allem darum, unnachahmlich, unkopierbar zu sein – also einzigartig für Kunden.
Wie schafft man das?

Es wäre unseriös, würden wir Differenzierungsstrategien nennen, die für alle Branchen anwendbar sind. Das geht nicht. Aber es gibt zwei Dinge, die tatsächlich für alle Branchen gelten, die nicht kopierbar sind und die immer funktionieren.
Das Erste sind die Beziehungen eines Unternehmers zu seinen Mitarbeitern. Das ist unkopierbar – gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Je stärker die Bindung der Führung, der Unternehmerfamilie mit ihren Mitarbeitern, umso immuner sind diese gegen Abwerbungsversuche. Und wer sich die größten Talente für die Zukunft sichert, hat die Nase vorne. Das ist das erste Alleinstellungsmerkmal und daraus resultiert dann zwangsläufig das zweite und das heißt: die Beziehungen der Mitarbeiter zum Kunden.
Heute ist jedes Geschäft ein reines Beziehungsgeschäft und zunächst müssen der Unternehmer und seine Führungskräfte den «Spirit» an die Mitarbeiter weitergeben. Dann erst können diese die positive Stimmung an den Kunden weitergeben. In dem Moment, in dem eine Beziehung zwischen Mitarbeiter und Kunde vorhanden ist, ist der Kunde ein ganzes Stück weniger preissensibel.
Man muss erst die guten Beziehungen zu den Mitarbeitern aufbauen, der Rest folgt dann von alleine. Das sind zwei Alleinstellungsmerkmale, die immer passen und auf die jeder Kunde anspricht, die einfach unkopierbar sind.

Sie sagen, Voraussetzung für hohe Servicequalität sind begeisterte Mitarbeiter. Was können Unternehmer konkret tun, um die Wahrscheinlichkeit für begeisterte Mitarbeiter zu maximieren oder was sollten sie unterlassen?

Das wichtigste ist, mich nicht vom Leidensdruck leiten zu lassen und den Nächstbesten einzustellen, nur weil er zwei Hände und Füße hat, sondern die Mitarbeiter ganz sorgfältig auszuwählen. Nicht jeder lässt sich «anzünden». Nicht jeder ist bereit Spitzenleistungen zu erbringen und diese Euphorie an die Kunden weiterzugeben.
Speziell Deutschland ist ein Paradies für Minderleister und das Arbeitsrecht ist auch so aufgebaut, dass man einen Minderleister nicht mal mehr los wird ohne Abfindung. Da können andere Länder nur den Kopf schütteln.
Hohe Servicequalität durch begeisterte Mitarbeiter erreicht man nur durch die richtige Auswahl.
Was man unterlassen sollte, sind klassische Incentives. So nach dem Motto des letzten Jahrhunderts: «Wenn du diese und jene Leistung bringst, bekommst du das und das zusätzlich.» Man kann Menschen nicht motivieren. Wenn ein Jäger einen Hund erwischt, den er zur Jagd tragen muss, dann endet er auf dem Sofa, wenn er Glück hat. Und das, was beim Vierbeiner Jagdinstinkt ist, ist beim Zweibeiner innerer Antrieb – Drive, intrinsische Motivation.
Da, wo diese intrinsiche Motivation nicht voll ausgeprägt ist, können sie mit Incentives gar nichts erreichen. Wo aber eine hohe Grundmotivation, diese innere Motivation, vorhanden ist, da lässt sich noch ein Turbo einbauen – durch Rituale der Wertschätzung. Diese können auf den ersten Blick leicht mit Incentives verwechselt werden, aber es fühlt sich anders an. Es beginnt schon mit dem kleinen Zauberwort «Danke», das kommt vielen Unternehmern oder Führungskräften schwer über die Lippen. Wenn man sich aber immer wieder bei den Mitarbeitern für ihre Leistungen bedankt und dadurch die Produktivität steigt, dann wäre es schäbig nur «Danke» zu sagen. Dann muss man die Rituale der Wertschätzung schon anreichern. Dann kann man mit Autos, mit Geld, mit Gutscheinen, mit einer ganzen Palette Wertschätzung zeigen. Aber es darf nicht so rüberkommen: «Wenn du die Leistung bringst, dann kriegst du eventuell von mir zusätzlich …» Das ist damit nicht gemeint.
Der Unternehmer muss sich abschminken, dass es nur mit Geld geht, denn Geld steht an vierter Stelle auf der Hitliste der Mitarbeiter. Der stärkste Wunsch aller Menschen ist der Wunsch nach Bedeutung im Sinn von «ich werde geschätzt, ich werde gebraucht». Und da sind wir schon wieder bei dem Wort «Danke».

Inwiefern unterstützt «Wa(h)re Herzlichkeit», das eigene Unternehmen zur starken Marke zu machen, um erfolgreich zu werden und zu bleiben?

Herzlichkeit, die wirklich echt und nicht aufgesetzt ist, hat auch wieder diese Wechselwirkung. Es gibt interne Kundenbeziehungen und externe Kundenbeziehungen. Dass die externen Kundenbeziehungen gut sein müssen, das weiß jeder. Aber die meisten Probleme in Untermehmen liegen in den internen Kundenbeziehungen. Also Mitarbeiter zur Personalabteilung, Logistik zur Filiale. In unserer Branche, ist das zwischen Zimmermädchen und Rezeption oder zwischen Koch und Kellner. Das sind interne Kundenbeziehungen. In dem Moment, in dem ich mein Team so aufgestellt habe, dass es freundschaftlich miteinander verbunden ist, dass es nicht hierarchisch untereinander kommuniziert, dann überträgt sich das automatisch auch auf den externen Kunden.
Man muss auch da wieder diese beiden Kundenbeziehungen zählen, einmal innen einmal außen – und wenn diese stimmen, dann hat sich im kollektiven Bewusstsein etwas verändert. Unternehmenskultur ist ja nichts anderes als das kollektives Bewusstein und das spürt ein Kunde.
Wir bekommen im Schindlerhof oft von Kunden zu hören: «Uns zieht es immer wieder zu euch hin, wir können oft gar nicht erklären warum. Ihr seid zwar teurer als die anderen und andere sind schöner, aber wir kommen immer wieder zu euch.»
Wenn man das erreicht hat, dann hat man es geschafft.

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Das Böse im Menschen

Thomas Müller ist Europas bekanntester Kriminalpsychologe und half dabei, einige der spektakulärsten Serienmorde aufzuklären. Seine Frage ist nicht, wie Verbrechen begangen wurden, sondern warum. Als Profiler schafft er es, Rückschlüsse auf Täter zu ziehen, die der Kriminalistik ansonsten verborgen bleiben. Er beschäftigt sich mit den Denkmustern von Verbrechern, um deren Motive und Handlungen besser zu verstehen und Warnsignale vorzeitig erkennen zu können.

business bestseller: Wie gelingt es Ihnen, Ihre berufliche Erfarung aus der Kriminalpsychologie auf den Alltag zu übertragen?

Thomas Müller: Der Alltag ist die Basis für die Kriminalpsychologie. Wir agieren ja nicht in einem Elfenbeinturm der Wissenschaft und schauen durch ein imaginäres Fenster in die Realität. Auf den Straßen passieren Verbrechen, in Familien wird manchmal einseitig kommuniziert und am Arbeitsplatz finden sich sowohl konstruktive als auch destruktive Elemente. Als Kriminalpsychologe habe ich ja nicht die Realität verändert, ich stelle manchmal nur die Frage: Warum? Mich interessiert die Ursache und nicht die Wirkung. Als Kriminalpsychologen verurteilen wir nicht, wir beurteilen.

Sie sagen, jemand, der noch nie daran gedacht hat, einen anderen umzubringen, ist Ihnen suspekt. Steckt in jedem von uns ein Täter?

Unter widrigsten Umständen kann jeder in eine Situation kommen, wo er einen anderen umbringt, Goethe lehrte es uns – und genau an diesem Punkt, versuche ich mit meinem Satz anzuschließen. Niemand sollte dies als unmöglich oder gar undenkbar darstellen: Was muss Ihrem Kind durch fremde Hand widerfahren, dass Sie den Peiniger töten, den drohenden Untergang – herbeigeführt durch einen emotionslosen malignen Narzissten – durch eine schwere Straftat abwenden, oder den Brandstifter zu Fall bringen, der gerade davor steht, Haus und Hof in Flammen aufgehen zu lassen? Aber: Der Weg vom blitzenden Gedanken des Hasses, zur Idee der Umsetzung, zum ersten Plan der Organisation bis zur echten Durchführung der Tat ist ein sehr langer. Ich spreche daher auch nicht von Schuld, sondern von der Möglichkeit, den widrigsten Umständen und der Phantasie, bevor sie zur Realität wird.

Sie beschäftigen sich viel mit dem Thema «Gewalt am Arbeitsplatz». Was sind die Auslöser und wie kann man erste Vorboten erkennen, um frühzeitig einzuschreiten?

Niemand wacht in der Früh auf und denkt daran, den Mitarbeiter schlecht zu machen. Arbeitsplatzkriminalität ist ein sehr schleichender Prozess, der begleitet wird durch Isolation, Verlust des Selbstwertgefühles, fehlender Identifizierung mit dem Arbeitgeber und in den meisten Fällen einer privaten Problemstellung. Die einfachste und billigste Art den Arbeitsplatz sicher zu halten und «destruktives Verhalten» zu verhindern ist die persönliche, aber auch ehrlich gemeinte Frage vom Vorgesetzten: Wie geht es dir? Brauchst du irgendetwas? Das Erkennen vom drohenden Selbstwertverlust der Mitarbeiter und eine entsprechende Intervention ist präventiv der wichtigste Schritt.

Am 27. September 2012 war Thomas Müller mit seinem Vortrag «Professionelle Spurensuche» in der Vortragsreihe «Erfolg ist kein Zufall» im Casino Innsbruck zu Gast. Melanie Mazurides führte mit ihm dieses kurze Video-Interview.

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